13.07.2019

Voltigieren: Preis der Sparkasse - Kür

Fredenbeck I, Janina Derks bei den Damen und mit Johannes Kay im Pas de Deux sowie Thomas Brüsewitz siegen im Preis der Sparkasse

Fredenbeck siegt bei den Gruppen

 

Wie schon im Vorjahr waren es die Gruppen Fredenbeck I und das Team Norka vom VV Köln-Dünnwald, die um den Sieg im Preis der Sparkasse kämpften. Und erneut schlugen die Niedersachsen die Rheinländer aus dem Feld.

 

Zweiter Start, zweiter Sieg – die Gruppe Fredenbeck I kann auf eine 100-prozentige Ausbeute beim CHIO Aachen verweisen. 2018 war ihr Erfolg noch eine Überraschung. Dieses Jahr gehörten sie schon zu den Favoriten. Und sie konnten im Vergleich zum Vorjahr sogar noch einen draufsetzen.

Schon nach der Pflicht hatten Viktor Brüsewitz, Kevin Greiner, Mirja Krohne, Mila Kobeck, Kathrin Meyer und Malte Möller die Führung übernommen. Heute demonstrierten sie mit Claus an der Longe von Gesa Bührig ihre neue Kür, mit der sie das Gemälde „Der Schrei“ von Edvard Munch interpretierten. Die ganze Dramatik dieses expressionistischen Werkes kam in der Vorstellung der Fredenbecker zum Ausdruck. Bundestrainerin Ulla Ramge bestätigte: „Die Kür ist wieder ein künstlerisches Gesamtwerk, das jeden in seinen Bann zieht. Und im Vergleich zum Vorjahr haben sie nochmal mehr Ausdruck bekommen und Intensität in ihrer Interpretation. Fredenbeck ist wirklich Weltklasse!“ Das fanden die Richter auch und gaben eine Gesamtnote von 8,986 für die Kür. Zusammen mit dem Ergebnis der Pflicht machte das eine 8,394 und damit einen deutlichen Sieg für die Niedersachsen.

 

Die ärgste Konkurrenz, das Team Norka vom VV Köln-Dünnwald, kam auf Endergebnis von 8,084, Platz zwei. Angeführt wurde das Team vom ehemaligen Weltmeister Patric Looser an der Longe. Es turnten Thomas Brüsewitz, Chiara Congia, Justin van Gerven, Gianna Ronca, Jana Zelesny und Rebecca Verlage. Ihr Pferd, der zehnjährige Holsteiner Calidor, ist erst seit diesem Jahr international im Einsatz und wirkte doch noch recht beeindruckt von der Kulisse in der Albert-Vahle-Halle, die einmal mehr bis auf den letzten Platz besetzt war. Aber er blieb brav und seine Mannschaft turnte eine tolle Kür! Sprünge, Hebefiguren, alles klappte wie am Schnürchen. Die Richter gaben für die Kür eine 8,442 – gut bis sehr gut. Aber heute nicht gut genug, um Fredenbeck den Rang abzulaufen.

 

Auf ganz hohem Niveau gelang auch die Kür der Drittplatzierten, des UVT Eligius aus Österreich auf Laokado an der Longe von Cornelia Trimmel. „Futuristische Elektromusik“ lautete ihre eigene Beschreibung für die Untermalung ihrer Kür. Dazu hatten sie eine perfekt abgestimmte Choreografie mit vielen schwierigen Elementen. In der Pflicht mussten sie sich noch mit Platz vier hinter den Schweden begnügen. Als die Entscheidung anstand, konnten sie mit einer 8,086-Kür an ihnen vorbeiziehen und holten sich den Bronzeplatz mit einem Endergebnis von 7,569.

 

Unglück im Glück hatten die Sieger, als sich Gruppenmitglied Mila Koböck den Fuß beim Abgang vom Pferd verletzte. Sie kam unglücklich auf und musste für den Rest der Kür zuschauen. Fraglich ist, was nun morgen mit dem Nationenpreiseinsatz von Fredenbeck wird.  Zwar könnte die Gruppe zu fünft an den Start gehen, aber das würde bedeuten, dass ihnen von vornherein ein Punkt abgezogen werden würde.

 

 

Thomas Brüsewitz schwerelos

 

Thomas Brüsewitz sicherte sich zum vierten Mal in Folge den Titel bei den Herren im Preis der Sparkasse beim CHIO Aachen 2019. Dafür hat er eine einleuchtende Erklärung.

 

Wieso Thomas Brüsewitz beim CHIO in der Soers immer liefert? „Na, weil Aachen einfach geil ist!“ Dem ist wohl nichts hinzuzufügen. Mit einem Endergebnis von 8,680 Punkten setzte der jüngere der beiden Brüsewitz-Brüder sich gegen die Konkurrenz aus dem eigenen Land durch. Zweiter wurde Julian Wilfling mit 8,543 Zählern, gefolgt von Jannik Heiland, der es auf einen Endstand von 8,511 brachte.

 

Man hatte ein wenig den Eindruck, die Gesetze der Schwerkraft gälten bei Thomas Brüsewitz nicht. Scheinbar schwerelos gelangen ihm die schwierigsten Übungen. Als er seinen Abgang gestanden hatte, brach tosender Applaus los. Mit einer Kürnote von 9,238 pflichteten die Richter den Zuschauern in ihrer Begeisterung bei. Das bedeutete einen Start-Ziel-Sieg für Thomas Brüsewitz, nachdem er auch Pflicht und Technik für sich entschieden hatte. Selbstverständlich war eine Wiederholung der Vorjahreserfolge allerdings nicht, denn mit seinem Pferd Eyecatcher an der Longe von Alexandra Knauf ist Brüsewitz noch nicht lange ein Team. Präzise gesagt, Aachen ist ihr erstes gemeinsames Turnier. Vielleicht ist das der Grund, dass Brüsewitz etwas hinter der Musik war mit seinen Übungen, wie er selbstkritisch anmerkte. „Aber ich habe mich davon gar nicht stressen lassen. Irgendwie war ich so konzentriert, dass ich das einfach ignoriert habe.“ Die Taktik ging auf.

 

Riesengroß war auch die Freude bei dem zweitplatzierten Julian Wilfling. Der 23-Jährige war 2014 schon einmal beim CHIO Aachen am Start gewesen. „Aber das war damals mein erstes Seniorenjahr. Da konnte ich noch nicht mithalten. Inzwischen bin ich gereift“, sagt er. Wilfling hat einen ganz eigenen Stil – sehr elegant und geschmeidig. Man hatte den Eindruck, er macht es seinem vierbeinigen Partner Feliciano an der Longe von Lars Hansen leicht, wenn er federleicht abspringt und aufkommt. Das zeugt von einem Höchstmaß an Körperbeherrschung, das von den Richtern mit einer 9,160 in der Kür belohnt wurde. Das war in der Teilprüfung nur die drittbeste Leistung. Aber weil Wilfling auch schon in Pflicht und Technik ausgeglichen gut unterwegs gewesen war, reichte das, um Jannik Heiland in der Gesamtwertung auf Rang drei zu verweisen.

 

Heiland war es gewesen, der mit dem von Barbara Rosiny longierten Dark Beluga die zweitbeste Kür hatte. Motto: Gini, der Flaschengeist. Dafür gaben die Punktrichter ihm 9,244 Punkte. Doch nachdem es mit Platz fünf in der Technik nicht ganz so lief wie erhofft, musste er Wilfling vorbeiziehen lassen.

 

Dahinter reihte sich Publikumsliebling Viktor Brüsewitz auf Sky Walker an der Longe von Gesa Bührig ein. Die Zuschauer gaben dem 29-jährigen Bruder des Siegers via Spectator Judging App Höchstnoten für seine Kür: Eine 9,305 hätte er von ihnen bekommen. Da kam die Richterwertung nicht heran: 8,999, alles in allem Platz vier. Trost für ihn: Immerhin hat er seinen Bruder schon als „Ninja Warrior“ bei RTL bezwungen …

 

Auch auf Rang fünf landete mit 8,474 Zählern in Summe ein Deutscher: Jannis Drewell alias Eddy the Eagle auf Qualimero, den Jannis‘ Mutter Simone Drewell an der Longe hielt.

 

Damit war Tag zwei beim CHIO Aachen 2019 ein voller Erfolg aus deutscher Sicht. Drei Entscheidungen im Preis der Sparkasse standen auf dem Programm, alle blieben im Land.

 

 

Janina Derks siegt bei den Damen

 

2017 wurde die deutsche Nationalhymne im Preis der Sparkasse der Damen schon einmal für Janika Derks gespielt. Dieses Jahr lief sie wieder als Siegerin auf der Ehrenrunde. Ein ganz wichtiger Tag für sie!

 

Für Janika Derks war die Damenkonkurrenz beim CHIO Aachen 2019 ein Erfolg auf der ganzen Linie. In allen drei Teilprüfungen war sie die Beste auf ihrem bewährten Carousso Hit und siegte am Ende mit einem Gesamtergebnis von 8,533 vor ihrer Vereinskollegin Pauline Riedl (8,355) und der Dänin Sheena Bendixen (8,237).

 

Janika Derks turnte ihre Kür mit unglaublicher Kraft und Athletik. Am Ende wurde sie mit einer 9,233 von den Richtern belohnt. Für Derks war Aachen das erste Turnier seit ihrem Weltcup-Sieg im Frühjahr in Saumur. „Sie hat an Kopfstärke gewonnen“, lobt ihre Trainerin und Longenführerin Jessica Lichtenberg. Als Janika 2016 als Einzelvoltigiererin anfing, habe sie sich manchmal selbst im Wege gestanden. Das ist Vergangenheit. Das hat sie heute eindrucksvoll demonstriert. Ihre eigene Geschichte passt gut zu ihrem Kür-Motto: Million Dollar Baby. Der Film von der Boxerin, die gegen alle Widerstände Profi werden will und mit zäher Beharrlichkeit ihr Ziel verfolgt, spiegele Janikas Persönlichkeit wider, sagt ihre Trainerin. „Sie hat Biss ohne verbissen zu sein.“ Und so war Janika Derks schon glücklich nach ihrer fast fehlerlosen Kür, aber: „Der Abgang war nicht weich genug.“ Merke: Das Bessere ist des Guten Feind …

 

Zweite wurde mit Pauline Riedl eine weitere Neusserin aus der Talentschmiede von Jessica Lichtenberg. Für die 25-Jährige war es ihr erster Einzelauftritt beim CHIO Aachen, aber sie kennt die Soers schon von Kindesbeinen an. Sie war hier schon bei den Weltreiterspielen 2006 am Start, damals als „Obermann“, wie die leichtesten Athleten heißen, die in den Gruppen bei den Hebefiguren fast unter der Hallendecke schweben. Nach einigem Verletzungspech hat sie nun ihre Rolle als Einzelvoltigiererin gefunden – etwas, was sie auch ihrem vierbeinigen Partner Flamant zu verdanken hat, betont Jessica Lichtenberg: „Die beiden sind toll zusammengewachsen! Das ist sein erstes Jahr und er tut so, als habe er nie etwas anderes gemacht!“ So turnte Pauline Riedl heute eine wunderbar harmonische Kür, immer eins mit Pferd und Musik.

 

„I’m a Survivor“ lautete das Kür-Motto der Dänin Sheena Bendixen auf Klintholms Ramstein an der Longe von Lasse Kristensen. Bendixen ist klein von Statur, aber eine richtige Modellathletin. Das spiegelte sich auch in ihrer Kür wider – gewagt hohe Sprünge, Kraft und Eleganz. Die Richter gaben ihr die zweithöchste Bewertung in der Kür: 9,107. Aber nach Rang sechs in der Pflicht und Platz vier in der Technik reichte das nicht, um an Pauline Riedl vorbei zu ziehen.

 

Der Preis der Sparkasse der Damen hatte ein ganz hohes Niveau. Nicht nur die drei Erstplatzierten kamen auf Bewertungen über 8,0, auch die beiden Voltigiererinnen auf Rang vier und fünf hatten eine 8 vor dem Komma. Sie kamen beide aus Deutschland: Alina Roß mit San Zero (Longe: Marion Schulze, 8,159) und Corinna Knauf mit Fabiola (L.: Alexandra Knauf, 8,102). Die fünfte Deutsche, Hannah Steverding mit Royal Flash (L.: Sophie Kuhn), belegte Platz sechs mit 7,894.

 

 

Pas de Deux

Sechs Paare kämpfen um den Preis der Sparkasse im Pas de Deux. Zwei Küren entscheiden über Sieg oder Niederlage. Nummer eins ging an Janika Derks und Johannes Kay. Platz zwei war eine Überraschung.

 

Ja, tatsächlich, ein bisschen seien sie wie ein altes Ehepaar, bestätigt Johannes Kay schmunzelnd. Der 24-jährige Physiotherapeut und seine Pas de Deux-Partnerin Janika Derks, die auch in der Einzelkonkurrenz der Damen an der Spitze liegt, kannten sich schon, da gehörten sie noch zur erfolgsverwöhnten Gruppe des RSV Neuss-Grimlinghausen. Seit 2016 sind sie nun im Doppelpack unterwegs, waren letztes Jahr Vierte hier in Aachen. Nun sieht es danach aus, dass sie dieses Jahr zu den Sternen greifen können.

Mit einer Gesamtbewertung von 8,612 sicherten sie sich die erste von zwei Küren im Preis der Sparkasse beim CHIO Aachen. Wobei Johannes Kay keinen Hehl daraus macht, dass da noch Luft nach oben war. Ihr Pferd Diamond Sky an der Longe von Voltigiermeisterin Jessica Lichtenberg geht in Aachen erst sein viertes internationales Turnier. „Dafür hat er es wirklich gut gemacht. Wir sind zufrieden, aber es war nicht ganz einfach. Es war Arbeit und das merkte man auch.“ Dementsprechend lautet die Diverse für morgen: mehr Leichtigkeit reinbringen!

 

Diana Harwardt? Peter Künne? Das sind keine etablierten Namen im Voltigierzirkel der Albert-Vahle-Halle. Tatsächlich turnen die beiden 18-Jährigen die erste Saison bei den Senioren und geben ihr CHIO Aachen-Debüt. Gleichwohl sind sie im Inner Circle der  Voltigierszene bereits gut bekannt, holten 2018 schon Silber bei den Europameisterschaften der Junioren. Damals wie heute hieß ihr vierbeiniger Partner Sir Laulau an der Longe von Hendrik Falk. Sir Laulau ist ein wesentlicher Teil des Erfolgs, wie die beiden betonen: „Er hat vielleicht nicht die spektakulärste Galoppade, aber wir können uns zu 100 Prozent auf ihn verlassen!“ Und das ist wichtig, wenn man mitunter riskante Luft- und Akrobatikübungen auf dem galoppierenden Pferd turnt! Harmonie, Eleganz und Leichtigkeit strahlte das Quartett aus Voltigierern, Pferd und Longenführer heute von der ersten bis zur letzten Minute aus und wurde dafür mit einer Gesamtnote von 8,283 belohnt.

Damit ließen Chiara Congia und Justin van Gerven auf Picardo an der Longe von Alexandra Knauf hinter sich, die es gleich als erstes Starterpaar auf 8,254 Punkte brachten und den Erfolg aus deutscher Sicht perfekt machten: drei Teams auf den ersten drei Plätzen.

Foto: Fotostudio Strauch

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